Das neue Wien Museum am Karlsplatz eröffnet am 6. Dezember 2023. In seiner Revitalisierung und Erweiterung spielten der Baustoff Beton und Betonfertigteile eine Schlüsselrolle.

Am 6. Dezember 2023 ist es so weit: Das grundlegend revitalisierte und erweiterte Gebäude des Wien Museums am Karlsplatz wird offiziell eröffnet. Die Dauerausstellungen des Museums sollen ab nun gratis für alle Besucherinnen und Besucher sein. Aber das neue Wien Museum wird mehr als eine Kultureinrichtung – durch den umfassenden Umbau wird das Gebäude am östlichen Karlsplatz zu einem neuen Highlight von Wien.

2013 wurde entschieden, das alte Gebäude zu sanieren und durch einen Neubau zu erweitern. Der ursprüngliche Bau wurde vom berühmten österreichischen Architekten der Nachkriegszeit Oswald Haerdtl entworfen und im April 1959 eröffnet. Durch die Sanierung und Erweiterung wurde die Nettonutzfläche des Museums nun fast verdoppelt – von den ursprünglichen 6.900 auf rund 12.000 Quadratmeter.

Zentrale Halle. Foto: Kollektiv Fischka

„Schwebende“ Aufstockung

Ziel der umfassenden und hochwertigen Sanierung und Erweiterung war, den ursprünglichen Entwurf von Oswald Haerdtl sorgfältig weiterzudenken. Im Fokus des Bauprozesses stand also die Bewahrung des denkmalgeschützten Originalgebäudes und damit die Einhaltung des Prinzips der Nachhaltigkeit. Durch den Zubau entstanden zwei neue Geschoße – ein Fugengeschoß mit der Glasfassade und Aussichtsterrasse sowie ein prägnantes Schwebegeschoß in Form eines Betonkubus.

Aufwendig und feingliedrig gegossene Betonflächen formen den massiven Körper des Schwebegeschoßes über dem ursprünglichen Bau. Ein Meisterwerk des Betonbaus ist auch das zentrale, „hängende“ Stiegenhaus, welches das Obergeschoß erschließt. Dabei kommt der gesamte Baukörper ohne sichtbare Stützen im Fugengeschoß darunter aus. Die Fassade trägt als Glaskonstruktion nur sich selbst, aber nicht das Schwebegeschoß darüber. „Bestandsobjekte unter Berücksichtigung der heutigen Baunormen umzubauen, verursacht eine weitaus geringere CO2-Belastung als ein Neubau. Die Qualität des Siegerentwurfes liegt auch darin, dass die Erweiterungen das bestehende Gebäude möglichst minimal tangierten. Statisch betrachtet schweben die neuen Obergeschoße über dem ursprünglichen Haerdtl-Bau“, unterstreicht Wolfgang Salcher, stellvertretender Landeskonservator für Wien im Bundesdenkmalamt, der die Revitalisierung mit strengem Auge begleitet hat.

Das Geheimnis des Schwebens der Aufstockung liegt in den Baustoffen Beton und Stahl. So trägt und stützt das Materialtalent Beton die enormen Kräfte durch den Innenhof vertikal ins Erdreich ab – eine Meisterleistung des ausführenden Unternehmens.

„Hängendes“ Stiegenhaus aus Beton. Foto: BDÖ

Vielfältige Betonfertigteile

Neben dem Ortbeton kamen beim Wien Museum auch hochwertige Betonfertigteile zum Einsatz. Die Bretterschalung für die Betonfertigteile im Schwebegeschoß ließ dreieckige Rillen frei und formte so die vertikale Gratstruktur der Oberfläche. Diese wurde händisch nachbearbeitet, so dass jeder Grat eine eigene handgezeichnete Linie wurde. „Dieses herausfordernde Bauprojekt zeigt eindrucksvoll, welche Rolle der Baustoff Beton und die Fertigteil-Bauweise für das nachhaltige Bauen der Zukunft haben. Kürzere Bauzeiten sowie eine hohe Präzision und Ausführung können auch CO2-Emissionen im Bauprozess wesentlich reduzieren – genau hier liegt das Potenzial von Betonfertigteilen“, erklärt Georg Wieder, Geschäftsführer der Alfred Trepka GmbH.

Für dieses Prestigeprojekt hat das Unternehmen Trepka ca. 1.300 m2 Betonfertigteil-Fassade für das Schwebegeschoß produziert, geliefert und montiert. 90 Platten weisen individuelle Fassonierung und erhabene Dreikantleisten auf, welche nach Aushärtung per Hand gebrochen wurden. So wurde ein rustikaler Charakter der Fassade erzielt. Zwischen den erhabenen Dreikantleisten wurden zusätzlich sägeraue Fichtenholzschalbretter in Schalung eingelegt.

Auch 58 Platten (340 m2 Betonfertigteil-Untersichten) wurden entlang der Glasfassade im Fugengeschoß eingebaut. Schließlich kamen 64 Wandplatten (590 m2 Fertigteil-Innenwand) mit sägerauer Fichtenholzschalung für den Ausstellungsraum zum Einsatz– diese sind zusätzlich bauteilaktiviert, was eine nachhaltige Raumtemperierung mit Beton und ohne fossile Brennstoffe ermöglicht. Der ganze Zubau wird nämlich durch Geothermie (30 Erdsonden) ganzjährig und umweltfreundlich geheizt und gekühlt.

Durch die Revitalisierung und Erweiterung des ursprünglichen Baus sind folgende neue Räume im Wien Museum entstanden:

•          zentrale Halle – das Herzstück des neuen Wien Museums (330 m2),

•          Schwebegeschoß (1.200 m2) in Form eines gigantischen Betonkubus für Sonderausstellungen,

•          Fugengeschoß (880 m2) mit Ateliers, Veranstaltungszentrum, multifunktionalem Wien-Raum und Café Bar mit Aussichtsterrasse,

•          Plaza – neues Zentrum des östlichen Karlsplatzes mit Gastronomie und konsumfreier Zone,

•          Pavillon – Empfangshalle und Eingang, Veranstaltungsraum.

Fassade aus Betonfertigteilen. Foto: BDÖ
Fugengeschoß mit Aussichtsterrasse. Foto: BDÖ

Beitragsbild: Kollektiv Fischka