Im August wurde die Umgestaltung des Wiener Pratersterns abgeschlossen. Ziel der Stadt Wien war, möglichst viele Grünbereiche und einen lebendigen urbanen Platz um den großen Stadtbahnhof zu schaffen. Unter anderem mit Betonfertigteilen, die hier als unterschiedliche Sitzelemente zur Geltung kommen.

Der Wiener Praterstern ist einer der meistfrequentierten Plätze der Bundeshauptstadt. Nach der umfassenden Umgestaltung des Bahnhofsgebäudes in den letzten Jahren suchte die Stadt Wien nach Möglichkeiten, die Aufenthaltsqualität und das Sicherheitsgefühl rund um den Bahnhof wesentlich zu verbessern. Durch vielfältige gestalterische Interventionen wurde auf 28.000 Quadratmetern eine grüne Oase geschaffen und dadurch auch der Hitzebildung vorgebeugt. „Durch die umfangreiche Neugestaltung des Pratersterns wird die Aufenthaltsqualität an diesem hochfrequentierten Ort wesentlich erhöht. Die umfassende Begrünung inklusive großer Bäume ist beispielhaft für die aktuelle Begrünungs- und Entsiegelungsoffensive der Stadt Wien im Kampf gegen urbane Hitzeinseln. Mit einer Verdoppelung der Bäume auf über 100, einer Verdoppelung der Grünflächen auf 8.000 Quadratmeter und dem bisher größten Wasserspiel Wiens ist der zentrale Platz im 2. Bezirk zu einer gekühlten Wohlfühloase geworden. Durch die gute Zusammenarbeit zwischen Architekt:innen, Bauindustrie und Stadt Wien konnte der ehemals graue Verkehrsknotenpunkt zu einem lebenswerten urbanen Ort umgestaltet werden, der durch Begrünung und Entsiegelung das Mikroklima vor allem in der warmen Jahreszeit nachhaltig verbessert“, sagt Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Lehner, Leiter des Projekts Praterstern bei der Stadt Wien – Straßenverwaltung und Straßenbau.

Umgestaltung gegen Hitzeinseln

Um die ringförmige Straße wurden zweieinhalb Meter breite und leicht erhöhte Pflanzenbeete angelegt. Damit wurde ein grüner Ring um das Bahnhofsgebäude geschaffen, der einerseits den Verkehr optisch ausblendet und andererseits auch als psychologischer Lärmschutz dient. Die Beete des grünen Rings sind mit robusten, dem Stadtklima angepassten Ziergräsern und Halbsträuchern bestückt. Die hitze-, trockenheits- und streusalzbeständigen Staudenmischungen werden in bänderartigen Formationen angeordnet und bieten das ganze Jahr hindurch ein buntes Farbenspiel. Dazu wurde der Baumbestand sogar verdoppelt. Dabei wurde das Schwammstadtprinzip angewendet: Durch hydroaktive Betonpflastersteine wird das Regenwasser lokal für die Bewässerung der Bäume genutzt.

Neben der Begrünung und hellem Beton wurde ein neues, knapp 500 Quadratmeter großes Wasserspiel installiert. Dieses greift die Charakteristik des ursprünglichen Pratersterns auf, wie er bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg existierte: Die Arme des Wasserspiels weisen – genauso wie die Zufahrtsstraßen zum Praterstern – in die Richtungen von bedeutenden Sehenswürdigkeiten und Naherholungsgebieten in Wien. Strahler, Sprinkler und Vernebler wechseln sich je nach Temperatur und Jahreszeit ab. Das Wasserspiel ist barrierefrei zugänglich und kann bei Bedarf ausgeschaltet werden.

Durch vielfältige gestalterische Interventionen wurde auf 28.000 Quadratmetern eine grüne Oase geschaffen und dadurch auch der Hitzebildung vorgebeugt.

Diversität im Vordergrund

Der Praterstern ist auch ein Ort der Begegnung. KENH Architekten und D\D Landschaftsplanung, die von der architektonischen Seite für die Umgestaltung des Pratersterns zuständig waren, haben die Möblierung dieses öffentlichen Raums zusammen mit der Stadt Wien und der Sucht- und Drogenkoordination der Stadt entwickelt. „Diversität ist uns von Anfang an sehr am Herzen gelegen, das Nutzungskonzept wurde daher gemeinsam mit Sozialarbeiter:innen und auf Basis von Interviews mit Obdachlosenvertreter:innen entwickelt. Verdrängung sollte vermieden, bestehende Konflikte entschärft werden. Durch das Angebot an unterschiedlichen Verweilmöglichkeiten – von den fortan wieder frei zugänglichen erweiterten Wiesen über die Steine bis hin zu den Pratoiden, vom Platz im geschäftigen Treiben bis zum ruhigen Sitzplatz im schattigen Grün – werden Menschen unterschiedlicher Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Verweildauern angesprochen. Das führt zu Diversität“, sagt Eric-Emanuel Tschaikner, leitender Architekt für KENH Architekten und D\D Landschaftsplanung.

Pratoide: einzigartige Sitzelemente aus Beton

Eigens entwickelte Baumeinfassungen aus Beton schützen Neupflanzungen und Bestandsbäume und dienen den Nutzer:innen des Platzes darüber hinaus als Sitzmöglichkeiten im natürlichen Schatten: Die Bauelemente – die sogenannten Pratoide – folgen der elliptischen Form des Pratersterns und bestehen aus drei Produkttypen, die – durch Beleuchtung von unten – das subjektive Sicherheitsgefühl in der Nacht steigern sollen.

Die Pratoide bestehen also aus Baumscheiben, die teilweise als schwebende Betonkörper – ausgestattet mit Sitzen und Bänken – um bestehende oder neue Bäume herumführen, sowie aus Betonbändern, die skulptural um Bäume führen. Bodenebene Baumscheiben sowie Pflanztröge und große Sitzhocker runden die Familie ab.

Zu diesem Zweck wurden von dem auf die Gestaltung der Außenräume spezialisierten Betonwerk Seesteiner 38 Stück Stadtmöblierung (Pratoide, Baumscheiben) in Fertigbauweise produziert und am Praterstern montiert. Sie wurden in Weißbeton mit weißem Kies ausgeführt, die Oberfläche ist teilweise geschliffen und poliert sowie gestrahlt. Die Seesteiner GmbH hat Standorte in Tillmitsch (Steiermark) und Klagenfurt.

Die kleinen Pratoide wurden zweiteilig, die großen Pratoide dreiteilig montiert.

Die schwebenden Baumscheiben bestehen aus zwei Teilen, während die bodenebenen Baumscheiben fünfteilig montiert sind. Sämtliche Hocker und Pflanztröge wurden zum Teil versetzt.

„Der schwierigste Bauteil von der Planung bis zur Produktion war der schwebende Baumring mit der dachförmigen Optik, da dieser Bauteil nicht positiv, sondern negativ in der Form gegossen werden musste. Das bedeutet: Sämtliche Einbauteile konnten nicht auf der Formenunterseite platziert werden, sondern mussten im oberen Bereich der Form mit eigens entwickelter innovativer Technik platziert werden“, sagt Alexander Haring von der Seesteiner GmbH, der für das Projekt Praterstern verantwortlich war.

Der umgestaltete Wiener Praterstern steht im Zeichen der Diversität: Es wurde eine grüne Oase geschaffen, die durch ein ausgeklügeltes Konzept soziale Konflikte reduziert und gleichzeitig das städtische Mikroklima positiv beeinflusst.

Es wurde ein grüner Ring um das Bahnhofsgebäude geschaffen, der einerseits den Verkehr optisch ausblendet und andererseits auch als psychologischer Lärmschutz dient.


Einige architektonische Merkmale des neuen Pratersterns

  • Mehr Aktionsflächen: klar definierter Bereich für Veranstaltungen aller Art
  • Wasserspiel gegen Überhitzung am Platz
  • Mehr Grünraum: Bestandsinseln wurden vergrößert und um neue Rasenflächen ergänzt
  • Der grüne Ring: Fassung des Platzes durch Bepflanzungen als psychologischer Lärmschutz
  • Schwammstadtprinzip für langlebige und gesunde Bäume
  • Über 50 neue Baumpflanzungen
  • Mehr Sitzgelegenheiten für alle Nutzer:innen sowie ergänzende urbane Steine als alternative Verweilmöglichkeit und Gestaltungselemente
  • Verbesserung der Lichtsituation für einen sicheren Praterstern
  • Künstlerische Neugestaltung der Unterführung
  • Mehr Grün für die Nordseite durch Berankung der Lüftungstürme

Fotos: Stadt Wien/Christian Fürthner