Eine absolute Weltneuheit hat neuerdings die „Wild-Brücke“ in Kärnten zu bieten: Diese Brücke in Völkermarkt ist die erste Bogenbrücke der Welt, die aus einem neuen Baustoff hergestellt wurde – aus ultrahochfestem, faserverstärktem Beton, genannt Ultra High Performance Concrete. (mehr dazu…) Dieser Baustoff mit besonders dichter Struktur ist durch die Beimischung von Stahlfasern nicht nur besonders druckfest, sondern kann auch hohe Zugkräfte aufnehmen. Der innovative Spezialbeton könnte die Bauwelt verändern: Er verfügt gegenüber konventionellem Beton über die zehnfache Festigkeit, halbiert die Erhaltungskosten und verdoppelt die Lebensdauer der Brücke.
„Österreich baut die längste Brücke der Welt“, so hieß die sensationelle Schlagzeile. Das stimmt – auch wenn in China eine 40-Kilometer-Brücke steht, die in unserer Alpenrepublik kaum Platz hätte. Was aber die Wild-Brücke, das Projekt in der Kärntner Gemeinde Völkermark einzigartig macht, ist diese Tatsache: Mit einem völlig neuen ultrahochfesten Beton wurde hier die längste Straßenbrücke der Welt gebaut, bei der jemals der neue Baustoff eingesetzt wurde: 157 Meter ist die Wild-Brücke lang!?
Ultrahochfestem Beton gehört die Zukunft
Schon beim „Kolloquium Forschung & Entwicklung“ 2008 prophezeite Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, dass neue Technologien zu neuen Konstruktionen führen – und kündigte sensationelle Brückenbauten an: „Aktuelles Beispiel ist der Einsatz ultrahochfester Betone, deren Druckfestigkeit an jene von Stahl heranreicht“, so der Ingenieur. Johannes Steigenberger, Leiter des Forschungsinstitutes der österreichischen Zementindustrie, bestätigte bereit damals: „An diesen Betonen wird seit mehr als zehn Jahren geforscht. Und jetzt können wir erstmals ein Infrastruktur-Projekt präsentieren.“
Leicht, filigran, tragfähig – und dauerhaft!
Inzwischen steht die Wild-Brücke – und zieht neben vielen Touristen auch immer wieder Experten aus aller Welt an, die diese Innovation persönlich in Augenschein nehmen wollen. Denn der Baustoff „Ultra High Performance Concrete“ ermöglicht wesentlich leichtere, filigrane und dennoch hoch tragfähige und sehr dauerhafte Betonbauten. Die Einsatzgebiete dieser Innovation werden in Zukunft vielfältig sein: Hauptsächlich ermöglicht der Spezialbeton besonders weit gespannte Brücken und Hochhäuser, die gut über 700 Meter hoch sein dürfen – und hoch belastete Verbundstützen. UHPC eignet sich auch bestens als Verguss- oder Beschichtungsmaterial, für Krafteinleitungs- und -übertragungsbereiche und für die Instandsetzung stark beanspruchter Tragwerke.
Innovative Brückenkonstruktion für höchste Ansprüche
Mit der Entwicklung der „Wild-Brücke“ wurde bereits 2006 begonnen. Es war klar, dass hier ein Infrastrukturprojekt neue Möglichkeiten in der Verkehrsanbindung schaffen könnte, die Kosten schienen aber sehr hoch. Also entschied man sich im Zuge eines Forschungsprojektes für den mineralischen Baustoff UHPC. Teilweise wurde die Brücke in Völkermarkt sogar aus UHPC-Fertigteilen hergestellt. Diese haben eine Wandstärke von nur 60 mm und können vollständig auf Bewehrungsstahl verzichten. Ein äußerst schlank designtes Bogenpaar aus UHPC überspannt das mittlere Brückenfeld mit 70 Metern. Für diese einzigartige Konstruktion wurde 2007 der Ziviltechniker Award verliehen – für die beste innovative Planungsleistung!
Noch eine Weltneuheit mit Beton
Bisher gibt es in der ganzen Welt nur wenig vergleichbare Bauwerke. So wurde bei einer Brücke im kanadischen Québec nahezu vollständig auf Betonstahl verzichtet. Als deutsches Praxisbeispiel gilt die in Kassel gebaute Fuldabrücke, die aber gerade mal 140 Meter lang ist. Diese Brücke gilt aus einem anderen Grund als Weltneuheit: Bei dieser hybriden Stahl-/UHPC-Konstruktion mit einem Brückendeck und vorgespannten UHPC-Längsträgern wurden erstmals die tragenden UHPC-Teile miteinander verklebt.
Revolutionärer Brückenbau wird immer wirtschaftlicher
Viele Gemeinden schrecken immer noch davor zurück, längst notwendige Infrastrukturprojekte zu starten – weil diese meist zu kostenintensiv sind. Daher wird vor allem an der wirtschaftlichen Optimierung der Verfahren geforscht, denn hier gibt es durchaus noch Spielräume. Qualität und Sicherheit müssen immer höchste Priorität haben! So ist beispielsweise das „Brückenklappverfahren“ eine neue Bauweise, die sich als wirtschaftlicher erwiesen hat. Schon um die Jahrtausendwende kam das „Bogenklappverfahren“ beim Bau von Stahlbetonbrücken zum Einsatz. Dabei werden die Träger einer Stahlbetonbrücke nicht mehr nach Fertigstellung der Pfeiler im freien Vorschub oder über einem Gerüst errichtet: Die werden parallel zum Bau der Pfeiler senkrecht an den Pfeilern hängend betoniert. Damit verringert sich nicht nur die Bauzeit, sondern die Brückenträger sind beim Bau auch keinerlei Zugspannungen ausgesetzt – das vermeidet die Gefahr von Rissen. Nach der Fertigstellung werden die Brückenbogen wie an einem Scharnier in ihre richtige Lage „geklappt“?und befestigt. Eine derartige Bauweise ist besonders für Brücken mit hohen Pfeilern und bei Spannweiten zwischen 50 und 250 Metern geeignet. So verringert sich nicht nur die Bauzeit, die Bauteile können auch leichter und ökonomischer geplant werden!
Brücken ohne Betonstahlbewehrung sparen Zeit und Material
Was in Kärnten mit der Wild-Brücke gelang, ist in jeder Hinsicht zukunftsweisend: Bei neuen Bauweisen mit Hochleistungsbeton kann künftig auf Abdichtung und Fahrbahnbelag verzichtet werden, die bei herkömmlicher Bauweise die Bewehrung vor Korrosion schützen. Die wirtschaftliche Bedeutung liegt auf der Hand, wie beispielsweise der Wiener Ingenieur Johannes Berger erkannt hat: „Durch das Weglassen von Abdichtung und Fahrbahnbelag – bei integralen Brücken auch von Lagern und Fahrbahnübergängen – entfallen beim Bau der Wild-Brücke Verschleißteile und es entstehen dadurch zusätzliche Einsparungen für den Brückenerhalter.“ Denn Berger ist überzeugt, „dass derartige – vorgespannte – Brücken wie vergleichbare Brücken der römischen Baumeister de facto eine unbegrenzte Lebensdauer aufweisen und keine Erhaltungsmaßnahmen erfordern.“ Bei einer solchen Aussage sollten vor allem Planer von Maßnahmen für die Infrastruktur aufhorchen!
Hohes Potenzial für alternative Bauweise auf Brücken
So wird sich also der Bau von Brücken in Zukunft stark vereinfachen – sie werden günstiger, stabiler und dauerhaft haltbar praktisch ohne jede Wartung. Ein weiteres Beispiel unterstreicht diese Aussichten: Ein Forschungsprojekt, das die TU Wien gemeinsam mit der Österreichischen Zementindustrie anging, überprüfte den möglichen Ersatz des herkömmlichen Aufbaus auf Brücken durch eine in Verbund hergestellte dünnere Betondecke. Für die Versuche wurde direkt auf das Tragwerk eine hochelastische Spritzabdichtung aufgebracht, zudem eine fugenlose Betondecke, die nur sechzehn Zentimeter stark war. Die Ergebnisse unterstrichen, dass mit einem hochelastischen Spritzabdichtungssystem, das sich plastisch relativ stark verformen lässt, hervorragende Verbundeigenschaften möglich sind. Selbst nach dynamischen Versuchen an Großkörpern mit Millionen von Lastwechseln konnte die gute Verbundwirkung des Abdichtungssystems bestätigt werden. Das Ergebnis: Alternative Bauweisen für Betonfahrbahnen auf Brücken haben ein enormes Potenzial!
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